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"Ich gehe in jedes Spiel und will gewinnen" - Interview mit Kai Schäfer über sein Olympia-Ticket

  • Christopher Budesheim

Kai Schfer paulifoto

Kai Schäfers Traum wurde wahr. Der 27 Jahre alte Spieler von Fun-Ball Dortelweil hat sich für die Olympischen Spiele in Tokio qualifiziert. Nach einer turbulenten Turniersaison inmitten der Pandemie konnte sich der gebürtige Darmstädter sein Ticket für Tokio sichern - erfahren hat er es allerdings nicht auf einem Badmintonfeld, sondern zu Hause beim Aufnehmen einer Podcast-Folge. Im Interview mit dem HBV berichtet Kai über den Weg zu den Olympischen Spielen, das Training und sein neues Projekt abseits des Courts. 

 

HBV: Wie hast du von der Qualifikation erfahren?
Kai Schäfer: Ich habe tatsächlich davon erfahren, während ich mich mitten in der Aufnahme einer neuen Podcast-Folge befand. Es hat sich in den Tagen davor angedeutet, aber in dem Moment konnte ich es trotzdem nicht so richtig glauben. Das erste Gespräch war dann mit meinem Vater, was sehr passend war, weil ich glaube ich in meinem Sportlerleben, vielleicht noch meiner Mutter, niemandem mehr zu verdanken habe als ihm. In den Tagen danach habe ich unglaublich viele Nachrichten von alten Weggefährten und Freunden bekommen, die mich teilweise sehr gerührt haben. Da merkt man, was Olympia für ein Alleinstellungsmerkmal in der Gesellschaft hat.

HBV: Du musstest durch eine Operation eine längere Pause machen, wie hast du dich in der Zeit fit gehalten?
Kai: Erstmal gar nicht. In der Zeit nach meiner Augenoperation konnte ich nicht viel machen, da ich teilweise meine Augen gar nicht öffnen konnte. Irgendwann nach einigen Wochen bin ich das erste Mal 10 Minuten Laufen gegangen. Da hat mich mein körperlicher Zustand ziemlich schockiert, aber von Tag zu Tag wurde es besser und nach zwei Monaten konnte ich schon wieder anfangen, Badminton zu spielen.

HBV: Wie war dann der Wiedereinstieg in die Turniere für dich? Hat alles gut geklappt?
Kai: Es war sehr ungewohnt, nach über einem halben Jahr wieder einen Wettkampf zu bestreiten. Aber ich habe mich gut gefühlt und im ersten Spiel direkt eine ordentliche Leistung erbracht. Das Spiel war sehr lange und danach war ich ganz schön K.O. Da hat man einfach den Unterschied von Training und Wettkampf gemerkt. Danach lag der Fokus voll auf der EM und dort hatte ich leider etwas Lospech. Direkt in meinem ersten Spiel bin ich auf den späteren Europameister getroffen. Mit meiner Leistung war ich aber größtenteils sehr zufrieden.

HBV: Wie wird deine Vorbereitung bis Olympia ablaufen?
Kai: Die nächsten Wochen werden sehr intensiv im Training. Dann bekomme ich Ende Juni meine zweite Impfung und danach geht es darum, sich die nötige Spritzigkeit und Frische zu erarbeiten. Ich will bei den Olympischen Spielen mein bestes Level zeigen können. Besondere Sachen sind aber nicht geplant. Es geht eher darum, das was mich auszeichnet und stark macht in diesem Turnier zeigen zu können.

HBV: Gibt es durch die Coronapandemie besondere Dinge, worauf du am Stützpunkt in Mühlheim an der Ruhr achten musst?Kai Schfer paulifoto 2
Kai: Mein privates und soziales Leben ist durch Corona noch mehr eingeschränkt als sonst. Ansonsten werden wir hier am Stützpunkt regelmäßig getestet und vor allem auf Turnieren wurden wir extrem häufig getestet. Das eigentliche Training wird aber durch alle Schutzmaßnahmen nicht beeinträchtigt.

HBV: Was sind deine Erwartungen an diese besonderen Olympischen Spiele? Darfst du jemanden mitnehmen? 
Kai: Leider kann mich meine Familie nicht nach Tokio begleiten, was sehr schade ist! Ich hoffe, dass Zuschauer zu den Wettkämpfen kommen dürfen, aber da sollte schon die Sicherheit aller Beteiligten vorgehen. Die Atmosphäre ohne Zuschauer in der Halle sind wir jetzt schon durch die letzten Monate gewohnt, aber Olympia ohne Fans wäre noch mal deutlich bitterer. So oder so, ich werde mich bestens auf die Bedingungen vor Ort vorbereiten und dann gehe ich in jedes Spiel und will gewinnen.

HBV: Erst kürzlich hast du gemeinsam mit Miranda Wilson ein Nachhaltigkeitsprojekt im Kongo gestartet. Wie kam es dazu? Was sind die Ziele des Projekts?
Kai: Miranda kam mit der ersten Idee auf mich zu und dann haben wir uns gemeinsam überlegt, wie wir etwas Sinnvolles auf die Beine stellen können. Wir wollten bewusst erst mal etwas Unabhängiges nach unseren Vorstellungen umsetzen. Zunächst ging es aber darum eine gewisse Expertise aufzubauen und die richtigen Partner für die Umsetzung zu finden. Die haben wir in SportsForFuture und der Zenaga Foundation glücklicherweise schnell gefunden. Wir wollen mit dem Projekt für mehr Aufmerksamkeit und Bewusstsein sorgen, dass der Sport auch in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit viel verbessern kann. Deshalb haben wir uns auch zu Beginn mit großen Teilen der Nationalmannschaft zusammengeschlossen. Auf Dauer wollen wir aber konkrete Dinge hier in Deutschland angehen und nicht einfach nur unsere Flugemmission kompensieren. Das betrifft Vereine, Verbände oder uns Spieler. Ich denke, jedem sollte klar sein, dass wir nur gemeinsam handeln können und jeder/jede seinen Beitrag leisten muss. Auch der Sport und auch eine Sportart wie Badminton. Mittel- und langfristig soll Badminton eine Sportart mit Vorbildcharakter sein.

 Wir bedanken uns bei Kai für das Gespräch und drücken natürlich die Daumen für eine erfolgreiche Zeit in Tokio. 

Fotos: Claudia Pauli